Schopenhauer-Buddhismus : Enso
Schopenhauer und Buddhismus

Arthur Hübscher

und

Arthur Schopenhauer

Auf  einem Frankfurter Friedhof befindet sich ein Grabanlage, die nur die Worte trägt “Arthur Schopenhauer”. Unmittelbar daneben ist ein weiteres Grab - das von Arthur Hübscher. Schon hierdurch kommt eine Verbundenheit zum Ausdruck, die das Leben Arthur Hübschers nachhaltig prägte .Wie kaum ein anderer hat sich Arthur Hübscher, langjähriger Präsident der Schopenhauer-Gesellschaft, bleibende Verdienste um Schopenhauer und sein Werk erworben. Das, was Arthur Hübscher dazu beigetragen hat, um Schopenhauer und sein Werk den Menschen des 20., ja auch des 21. Jahrhunderts nahezubringen, ist gewaltig und kann daher hier nicht im einzelnen gewürdigt werden. Arthur Schopenhauer wurde für Arthur Hübscher - und das ist wohl keine Übertreibung - Lebensinhalt. So trägt Arthur Hübschers Selbstbiographie den bezeichnenden Titel Leben mit Schopenhauer. *  Sie enthält ein geradezu innerlich ergreifendes Bekenntnis zu Schopenhauer:

“ Mein Vater hat mir Schopenhauers Vornamen gegeben - ob er wohl ahnte, daß ich diese Namensgebung später einmal rechtfertigen würde?  Er hat mich, von Kindheit an, in seiner Lebenswelt Umschau halten lassen, und doch hat er mich niemals irgendwelchen Glaubenslehren oder Dogmen zugedrängt. Ich wählte manches und hielt manches von mir fern...

Auch Schopenhauer stand gleichsam nur zur Wahl. Sein Werk und sein Wesen kamen nicht in steter absichtsvoller Wiederholung seines Namens  auf mich zu. Zwanglos und wie von ungefähr prägte sich schon in früher Kindheit mancher meinem Verständnis zugängliche Gedanke, manches Wort aus dem Umkreis der “Welt als Wille und Vorstellung” und der “Parerga und Paralipomena” dem Gedächnis ein und ging nicht wie so vieles seither verloren. Ich ahnte und ich fühlte im Laufe der Jahre mehr und mehr, daß in diesen Worten etwas anderes zu Tage trat als ein nutzloses weltfernes Begriffsgebäude, etwas anderes auch als einer seit Jahrhunderten , Jahrtausenden gängigen Versuche, das Trübe und Dunkle unseres Daseins, Gefahr und Verhängnis, wegzuleugnen und zu beschönigen, ich fühlte, daß die Gedanken, die ich, zögernd manchmal und doch immer mehr von ihrer inneren Wahrheit überwältigt, in mich aufnahm, in einer ungeahnten Nähe zur Wirklichkeit gewachsen waren, daß sie Rätsel lösten, die bisher ungelöst geblieben waren, und mehr: daß sie Halt und Trost bieten konnten in schweren Tagen, die unabweisbar kommen würde.

Schopenhauer wurde der treue Begleiter meines Weges. Er hat mich von Kindheit an mit seiner steten Teilnahme begleitet, er steht in vielen Erinnerungen an schwierige, entscheidende Augenblicke meines Lebens als nie versagender Beobachter, Berater und ein Freund von mir.

Auch meiner ersten Begenung mit dem Tode konnte er das rechte Maß geben. ... Es geschah, als mein Vater gestorben war und ich auf seinem Nachttisch den zweiten Band der “Welt als Wille und Vorstellung” liegen sah. Ein Lesezeichen wies darauf hin, wo er eingehalten hatte, mitten in dem Kapitel “Über den Tod und sein Verhältniß zur Unzerstörbarkeit unsers Leben an sich”. Ich wollte wissen, was ihm dieses Kapitel in seinen letzten Tagen gesagt hatte, ich las und las, und dieses Lesen, das verwirrte, aus dumpfem Schmerz gelöste Fragen nach einem mir noch verborgenen Sinn ging eine unlösbare Bindung mit dem Gelesenen ein ...

Ich habe viele Menschen und viel unnützes Gepäck auf meiner Lebensreise zurückgelassen. Schopenhauer hab ich mitgenommen, - er hat mich nie im Stich gelassen. Er wird auch da sein, wenn es Zeit ist, abzutreten.” *


* Arthur Hübscher, Leben mit Schopenhauer, Frankfurt am Main, 1966, S. 28 ff. und 141.