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Die Altbuddhistische Gemeinde war “eine Zufluchtsstätte ... für jeden, der im Buddhadhamma [in Buddhas Lehre] eine religiöse Heimat gefunden hat” (YANA 1996, S. 185). Jedenfalls hatte ich (HB) erneut diesen Eindruck, als meine Familie und ich 1986 zum Vesakh die Gemeinde in Utting besuchten. Gleich nach unserer Ankunft kam es zu einer herzlichen Begegnung mit führenden Persönlichkeiten der Gemeinde. Ich denke dabei vor allem an Bruder Dhammapalo (Max Hoppe) und Schwester Christine (Christine Schoenwerth). Schwester Maya (Maya Keller-Grimm), die Tochter von Georg Grimm, der die Altbuddhistische Gemeinde gegründet hatte, konnten wir - was wir sehr bedauerten - aus gesundheitlichen Gründen nicht persönlich kennen lernen. Zu jener Zeit hatte ich schon einiges über Arthur Schopenhauer und den Buddhismus veröffentlicht, was durchaus positiv von Br. Dhammapalo und Schw. Christine beurteilt wurde. So kam es dann, dass sie an mich herantraten und baten, zu diesem Thema vor den im Haus Georg Grimm versammelten Mitgliedern und Freunden der Altbuddhistischen Gemeinde zu sprechen. Ich hatte das dann gern getan und dabei eine mich sehr beeindruckende Erfahrung machen dürfen: Bei keinem meiner öffentlichen Vorträge über Schopenhauer fand ich derart verständnisvolle und auch von ihrem Gefühl her zustimmende Zuhörer wie in diesem Kreis der Altbuddhistischen Gemeinde. Zur Erinnerung daran habe ich am Ende dieses Beitrages Ausschnitte eines Briefes kopiert, den ich von Br. Dhammapalo erhalten hatte und in welchem er auch auf meinen Besuch bei der Altbuddhistischen Gemeinde und meinen Vortrag dort Bezug nahm. |
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Von ihrem Vater Georg Grimm und seiner Beziehung zu Arthur Schopenhauer berichtete Schw. Maya: Ehevor die Lehre des Siegreich-Vollendeten in meinem Elternhaus ihren Einzug hielt, war es der Geist eines Mannes, dem meine kindlich-ehrfürchtige Bewunderung galt: Arthur Schopenhauer. Sein Bild hing über dem Schreibtisch meines Vaters und ich wusste, dass er in ihm seinen grossen Lehrmeister sah. Wenn ich heute an diese Zeit zurückdenke, so staune ich über die Virtuosität, mit der mein Vater es verstand, mich, ein siebenjähriges Kind, Schopenhauer lieben zu lehren. Er pries mir seine (Schopenhauers) Urteilskraft, seinen Ideenreichtum und die Lauterkeit und Unbestechlichkeit seines Wesens. (Max Hoppe: Georg Grimm, Sonderdruck aus YANA, Zeitschrift für Buddhismus und religiöse Kultur auf buddhistischer Grundlage, Hrsg.: Altbuddhistische Gemeinde , Heft 1 / 1975, S. 5) Nach dieser aufschlussreichen Aussage seiner Tochter dürfte es durchaus verständlich sein, wenn Georg Grimm 1911 zum Mitbegründer der Schopenhauer - Gesellschaft wurde und den nachstehenden Aufruf unter- zeichnete, in welchem alle “Freunde des großen Philosophen” eingeladen wurden, dieser Gesellschaft beizutreten. |
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Etwa zur gleichen Zeit, und zwar wohl angeregt durch die Pali-Übersetzungen von > Karl Eugen Neumann, gründete 1921 Georg Grimm in München einen buddhistischen Kreis, der seit 1935 den Namen Altbuddhistische Gemeinde führte. Die Gemeinde hatte ihren Sitz in Utting am Ammersee. Eine der wichtigsten Grundlagen war für sie das 1915 erschienene Hauptwerk von Georg Grimm Die Lehre des Buddho, welches derart nachgefragt wurde, dass es bereits nach 7 Jahren, also 1922, die 11.(!) Auflage erreichte. Die von Maya Keller-Grimm und Max Hoppe herausgegebenen Neuauflage dieses Werks enthält im Anhang einen besonderen Abschnitt (4.) mit der Überschrift Der prinzipielle Unterschied der Lehre des Buddho von der Philosophie Schopenhauers - Buddhistische Kommentare. Zunächst fällt dort auf, dass Georg Grimm sich wie kaum ein anderer Wegbereiter des Buddhismus in Deutschland intensiv und ausführlich mit der Philosophie von Arthur Schopenhauer im Vergleich zur Lehre des alten Buddhismus auseinandergesetzt hatte. Das betreffende Kapitel beginnt mit Feststellungen, die wohl nicht ernsthaft bestritten werden können, nämlich die Verwandtschaft der Philosophie Schopenhauers mit der Lehre des Buddho und die staunenswerte Übereinstimmung zwischen den beiden Großen. In den darauf folgenden Ausführungen begründete Georg Grimm, warum es seiner Meinung nach dennoch einen “prinzipiellen Unterschied” gäbe. Dieser Unterschied ergab sich, meiner Meinung nach, vor allem dadurch, dass Grimm eine andere Auffassung von dem hatte, was Schopenhauer Wille nannte, also eines Begriffes, der in Schopenhauers Lehre vom metaphysischen Willen zentrale Bedeutung hat und oft mit dem individuellen Willen verwechselt wird. Auch als Anhänger Schopenhauers fühlte ich mich der Altbuddhistischen Gemeinde verbunden. Eine der Gründe hierfür war die - wie es das erwähnte YANA-Heft nannte - “übergroße Tierliebe” von Georg Grimm und seiner Tochter. Deren Tierliebe ist eine weitere wesentliche Gemeinsamkeit mit Arthur Schopenhauer, der als wohl erster weltbekannter westlicher Philosoph der Neuzeit entschieden für den Tierschutz eintrat. Mit seiner allumfassenden Mitleidsethik, welche ein bedeutsamer Teil seiner Philosophie ist und auch Tierethik einschließt, kann Schopenhauer sogar als Vorkämpfer für Tierrechte gelten. Dieses Thema liegt mir am Herzen, und deshalb war ich immer wieder erfreut, wenn die Altbuddhistische Gemeinde in ihren Veröffentlichungen über Tierschutz und Schopenhauer berichtete. Da ich selbst einige Beiträge in der von der Altbuddhistischen Gemeinde herausgegebenen Zeitschrift YANA veröffentlichte, weiß ich aus eigener Erfahrung, wie sehr für deren Redaktion der Tierschutz ein zentrales Anliegen war. Nicht zuletzt daran zeigte sich die zutiefst ethische Einstellung der Altbuddhistischen Gemeinde. Das entsprach ja durchaus der von ihr vertretenen Lehre des Buddha, denn im Buddhismus gehört tätiges Mitgefühl mit allen Wesen, also Tiere selbstverständlich eingeschlossen, zum Edlen Achtfachen Pfad, der Teil der Vier Edlen Wahrheiten des Buddha ist. Georg Grimm starb 1945, und auch danach wirkte die Altbuddhistische Gemeinde ganz in seinem Sinne weiter. “Spiritus Rector” wurde ihr langjähriger Ältester Max Hoppe (Br. Dhammapalo). Sehr gern erinnere ich mich noch an die besinnlichen Spaziergänge und Gespräche mit ihm am Ufer des Ammersees. Dabei vertieften wir manche Gedanken, was wir dann im Briefwechsel bis zu seinem Todesjahr (1992) fortsetzen konnten. Die Vergänglichkeit alles Irdischen ist eine Tatsache, auf die der Buddha immer wieder hingewiesen hatte und die zum Ausgangspunkt seiner Heilslehre wurde. Daran dachte ich, als ich die Nachricht las, dass die Altbuddhistische Gemeinde 2002 aufgelöst wurde. Was ist von ihr geblieben? Nun, zunächst ihre Veröffentlichungen. Eine ihrer wichtigsten zur Einführung in die Lehre des Buddha hieß Im Lichte des Meisters. In dieser Hinsicht war die Altbuddhistische Gemeinde selbst ein Licht, ja sie ist es eigentlich immer noch, denn in ihren Schriften und den Werken Georg Grimms wirkt das geistige Erbe der Gemeinde fort. Vielleicht, so hoffe ich, sind auch diese Anmerkungen dazu ein Beitrag. |
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> Georg Grimm - ein Lebensweg zum Buddha > Christentum , Buddhismus und Tierethik > Einführung in die Lehre des Buddha > Die Buddhalehre - eine philosophische Religion ? |
Mitteilung zum Vortrag von Herbert Becker (HB) über Georg Grimm und die Altbuddhistische Gemeinde |
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